Kirche der Gesellschaft Jesu in Córdoba

Die im historischen Herzen der Hauptstadt gelegene Kathedrale von Córdoba ist einer der bedeutsamsten Juwelen der kolonialen argentinischen Architektur.

ARGENTINIENKIRCHEN

5/8/20247 min lesen

Foto: sergio lópez martÍnez

In der "Manzana de las luces" (auch bekannt als die "Manzana Jesuítica"), dem Karree oder Stadtviertel der Lichter/der Jesuiten, gelegen, wurde die Kirche der Gesellschaft Jesu zwischen den Jahren 1640 und 1676 gebaut. Sie herrscht im kolonialen architektonischen Gebäudekomplex in der Stadt Cordoba vor und zählt zu den Sehenswürdigkeiten auf dem sogenannten "Recorrido de la Córdoba de las Campanas" ("Route des Cordobas der Glocken").

Das Gebäude, das man gleich an dessen zwei wuchtigen quadratischen Westtürme erkennt, hat einen Grundriss in Form von einem lateinischen Kreuz, wie die meisten romanischen und gotischen Gotteshäuser und über der Vierung, der Stelle wo sich Lang-und Querhaus kreuzen, prangt erhaben eine eindrucksvolle Kuppel. Zusammen mit den zwei großen Kapellen an den Seiten des Kirchenschiffes verleihen all diese Elemente - Kuppel, Türme und Grundriss - dem Gebäude ein sowohl schlichtes als auch kraftvolles Auftreten, das sich vor allem an der West- und Seitenfassaden zeigt.

Gemäß den im Vertrag von Philibert de L'Orme festgelegten Verfahren begann Pater Bartolomé Cardeñosa in den 1640er Jahren mit dem Bau der Fundamente und Mauern aus behauenem Stein und gemischtem Mauerwerk. Kurz darauf baute Bruder Felipe Lemair mit Balken und Brettern, die er von den Guaraní-Missionen hatte befördern lassen, das Holzdach mit seiner außergewöhnlichen Kuppel und den Gewölben.

Im Jahr 1671 wurde die Kirche geweiht und wurde zu einem öffentlichen religiösen Raum. Die Vergoldung und Polychromie (Vielfarbigkeit) des Hauptaltars erfolgte erst Ende des Jahrhunderts, und im zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts verzierten Guaraní-Maler die Gewölbestreifen/Gewölbegurte mit Pflanzen-Motiven bzw. Blattwerk.

Foto: gonzalo viramonte - Gewölbe

Andere Hände und andere Pinsel bemalten den Fries, der als Verbindung zwischen den Gewölben und den Seitenwänden dient. Darauf wechseln sich Porträts jesuitischen Märtyrer mit den "empresas sacras" ab, bemalten und vergoldeten Holzschnitzereien, die sowohl die Grundsätze des Ordens, als auch theologische Tugenden und Psalmen in Emblemform darstellen.

Foto: gonzalo viramonte - blattwerk auf gewölbestreiben

Foto: Museo historico unc -fries

Im Gesamtkomplex stechen das Altarretabel und die Kanzel hervor, die die Postulate des tridentinischen Barocks zum Ausdruck bringen. Der Altarraum mit dessen reich verzierten Altarretabel erstreckt sich über die gesamte Altarwand und ist ein glänzendes Beispiel architektonischer Barockkunst. Voller Anmut strahlt es den Kirchenbesuchern entgegen. Dieses Werk wurde vollständig aus Holz gefertigt und in Einzelteilen aus den Missionen im Nordosten Argentiniens nach Cordoba geschafft.

Der Altaraufsatz (d.h., das Retabel, was soviel wie Rücktafel bedeutet) verfügt über drei Ebenen und wird durch gewundenen Säulen symmetrisch eingeteilt. Solche Spiralsäulen sind für den barocken Stil typisch und verleihen dem Altar ein Gefühl von Bewegung und Dynamik. Mit derer vergoldeten Schneckenlinie/Spirale kontrastieren sie wunderschön mit den in dunklen Farben gehaltenen Altarnischen, die sich auf jeder Etage nebeneinanderreihen.

In den beiden seitlichen Abschnitten der ersten Etage erkennt man zwei der Gründer der Gesellschaft Jesu: Ignatius von Loyola (San Ignacio de Loyola, links) und Franz Xaver (San Francisco Xavier, rechts).

Foto: Museo historico unc -Altarraum

An der zentralen Figur auf der zweiten Etage, am Bild vom Heiligen Herzen, liest man eine der Lieblingsverehrungsform der Jesuiten ab, und zwar die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, an dessen Verbreitung die Jesuiten maßgeblich beteiligt waren, allen voran durch ihre Volksmissionen. Der aufgeklärte Absolutismus und die Aufklärung versuchten diese unter vielen Völkern immer noch sehr geschätzte Verehrung zu löschen, indem sie sie entscheidend bekämpften. Mit der Wiederherstellung (Restauration) der Jesuiten bekam die Verehrung neuen Auftrieb.

Foto: Museo historico unc - Altaraufsatz, zweite ebene

Links von Jesus prangt in der Nische Aloisius von Gonzaga, ein italienischer, in jungen Jahren gestorbener Jesuit. Der Sohn vom Markgrafen von Castiglione und der Marta Tana di Santena zeichnete sich schon als Kind wegen seiner ausgeprägten Frömmigkeit ab. Als Vorbilder galten dem Jungen in erster Linie seine Mutter und Karl Borromäus, Verwandter Kardinal von Mailand. 1583 nach einer gefühlten Ewigkeit trat Aloisius von Gonzaga den vor kurzen gegründeten Orden der Jesuiten bei.

Foto: Museo historico unc - Altaraufsatz, zweite ebene - stanislaus von kostka

Auf derselben Etage rechts steht der heilige Stanislaus von Kostka, der das berühmte Gemälde der Heiligen Tiburcio und Valerian, Schutzherren (Schutzpatronen) der verschwundenen Einsiedelei und der Schule, ersetzt.

Foto: Museo historico unc - Altaraufsatz, zweite ebene - Aloisius von gonzaga

Wenn wir eine Ebene höher blicken, zur dritten Etage, sehen wir Petrus Claver, einen spanischen Jesuiten, Missionar und Priester, der als Schutzheiliger Kolumbiens verehrt wird. Seit 1985 gilt er zudem als Patron der Menschenrechte. Mit 22 Jahren trat er 1602 in den Jesuitenorden ein und wurde erst 1616 in Cartagena, als erster Jesuit der Stadt, zum Priester geweiht. Dort sollte er 38 Jahre bis zu seinem Tod wirken. Petrus Claver zeichnete sich besonders durch seinen sozialen und missionarischen Einsatz für die Sklaven in der Neuen Welt aus. Diese Statue ersetzt ein Gemälde des Apostels Petrus.

Foto: Museo historico unc - Altaraufsatz, dritte ebene

In der Mitte spielt sich eine dramatische Szene ab: Jesus auf dem Kalvarienberg, ans Kreuz geschlagen, im Todeskampf. Trost spenden ihm die Jungfrau Maria und der heilige Johannes, der einzige der Apostel, der seinen Meister nicht verlassen hat. An dieser Stelle befand sich früher ein Gemälde mit demselben Motiv, das als einziges erhalten geblieben ist und heute über der Tür der Lourdes-Kapelle angebracht ist.

Foto: gonzalo viramonte - jesus auf dem kalvarienberg

Foto: Museo historico unc - rednerpult

Wenden wir jetzt unseren Blick zur Kanzel.

Es handelt sich um eine erhöhte, abgeschlossene Plattform, die während des Gottesdienstes für die Predigt genutzt wurde. Der Rednerpult ist an einen linken Pfeiler des Kirchenschiffs angelehnt und besteht aus vergoldetem Holz. Besonders auffällig ist die Kuppel, die außen die Form einer Bischofskrone und innen die einer Muschel hat, was auch die Akustik unterstützte.

Sei es gemerkt, dass obwohl die Muschel im Barock wohl zu einem der beliebtesten Motive gehörte, sie nicht erst mit dieser neuen Stilrichtung in der Architektur und der Kunst ihren Auftritt auf der Bühne machte. Die Muschel hat eine viel längere Geschichte, die auf das Christentum zurückgeht. Sinnbildlich steht die Muschel für das Grab Jesu, das den Leichnam des Herrn, die 'wertvolle Perle,' umhüllt, derer harte, dicke Schale nur durch Auferstehung zu durchbrechen vermag. So fand die Muschel seit alters her als Symbol der Auferstehung ihren Weg in die christliche Kunst.

Gelangt man ins Atrium, in diesem Fall in den inneren Vorhof, blicken einem drei schlichte Portale entgegen. Während das Portal der Mitte den Zugang zum Tempel ermöglichte, führten die seitlichen unter den Türmen jeweils in die "Kapelle von Naturales" (heute die Lourdes-Kapelle) und zum "Colegio Máximo".

Foto: atrium

Gelangt man ins Atrium, in diesem Fall in den inneren Vorhof, blicken einem drei schlichte Portale entgegen. Während das Portal der Mitte den Zugang zum Tempel ermöglichte, führten die seitlichen unter den Türmen jeweils in die "Kapelle von Naturales" (heute die Lourdes-Kapelle) und zum "Colegio Máximo".

Foto: atrium

Die Kirche der Gesellschaft Jesu in Córdoba ist ein beeindruckendes Beispiel des kolonialen Barocks und zeigt zugleich, wie geschickt der Jesuitenorden die Anziehungskraft von Architektur und Kunst nutzte, um Menschen für den katholischen Glauben zu gewinnen. In diesem sakralen Bauwerk verschmelzen Kunst und Glauben, europäische Einflüsse und lokales handwerkliches Können zu einer prachtvollen Sinfonie, in der jedes Element die Spiritualität und den Einfallsreichtum der Jesuiten ausstrahlt. Zu einem Meisterwerk, das bis heute seine Besucher in den Bann zieht und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Quellenangaben